CiviCon 2025
Lena Jukna

Die CiviCon 2025 fand Ende Mai in Kalifornien statt, dort wo vor 20 Jahren alles begann! Mit etwas Abstand möchte ich diesen Blogbeitrag nutzen, um zurückzublicken:
Auf Zwei Tage abwechslungsreiches Konferenz-Programm in Oakland, bei dem ich unsere Arbeit bei SYSTOPIA vorstellen und coole neue Dinge lernen durfte. (Bei Interesse: Die Sessions wurden aufgezeichnet und werden in den nächsten Wochen auf civicrm.org zur Verfügung gestellt)
Und auf vier Tage Sprint in Point Montara an der Pazifikküste. Eine beeindruckende Kulisse für gemeinsames Lernen, Arbeiten, Ideen und Gedanken teilen und nicht zuletzt gutes Essen in hervorragender Gesellschaft genießen.
Mein persönliches Fazit: Ich bin optimistisch. Das fällt mir nicht leicht in diesen Zeiten. Zwischen politischem Chaos und KI-Hype geht in der Technikwelt gerade einiges in eine besorgniserregende Richtung. Und an keinem Ort ist das präsenter als in San Francisco, einer Tech-Metropole gezeichnet von extremer sozialer Ungleichheit. Aber dieses Open-Source-Projekt hat gezeigt, dass es auch anders geht. Mit einer lebendigen Community, kontinuierlich technischer Innovation und der Unabhängigkeit von Big Tech ist CiviCRM auf einem Weg, der sich verdammt nach Zukunft anfühlt.
20 Jahre echtes Open-Source
Dave Greenbergs (CiviCRM-Mitbegründer) Rückblick auf zwei Jahrzehnte CiviCRM hat gezeigt, welchen Entwicklungsansatz Civi von Anfang an verfolgt hat: open-source, international und community-getragen.
Was die CiviCRM Community ausmacht hat Gena Dellett in ihrer Keynote verdeutlicht. Das Projekt lebt durch die aktive Mitgestaltung von Entwickler*innen, Anwender*innen und Menschen wie mir, die irgendwie auch ihren Platz in „CiviLand“ gefunden haben.
Besonders ist auch das „LEXIM“-Modell, mit dem das Core Team bei der Entwicklung von CiviCRM seit einigen Jahren vorgeht, und das im Konferenzpanel erläutert wurde. LEXIM steht für "Leap by Extension, Iterate by Month". Konkret bedeutet das: Monatliche Updates sorgen für kontinuierlichen Verbesserungen, große Neuerungen kommen über Extensions. So kann jede Organisation entscheidet, wann neue Features eingesetzt werden und es gibt keine bösen Überraschungen in produktiven Systemen. Falls ihr euch also schon mal gewundert habt, warum bei CiviCRM so viel über Erweiterungen läuft. Das ist der Grund!
CiviCRM 6: Das beste CiviCRM aller Zeiten
Im Fokus der Konferenz stand CiviCRM 6 – der aktuelle Versionsmeilenstein, der mit einigen sehr mächtigen technischen Innovationen daherkommt. Allen voran sind hier SearchKit und FormBuilder, das Entity Construction Framework und RiverLea zu nennen. Diese Technologien haben einen langen Entwicklungsweg hinter sich und zeigen in der neusten Version endlich was sie können.
- SearchKit und FormBuilder
SearchKit ist das Schweizer Taschenmesser für CiviCRM Poweruser. Es eignet sich für die einfache Erstellung von Berichten mit dem SearchKit Starterpack bis zur komplexen Bereitstellung von Suchergebnissen in Portalen und Dashboards. Im Rahmen der CiviCon wurden einige praktische Anwendungsfälle vorgestellt, wie die formularbasierte Massen-Dateneingaben oder die Erstellung von vielfältig einsetzbaren SearchKit Tokens. - Entity Construction Framework
Coleman Watts (CiviCRM Core Team) hat in seinem Beitrag gezeigt, wie benutzerdefinierten Entitäten CiviCRM zu einem universell einsetzbaren Verwaltungs-Baukasten machen. Das von SYSTOPIA entwickelte Entity Construction Kit (ECK) ermöglicht nicht nur den fiktiven Anwendungsfall Ziegen im CiviZoo zu verwalten, sondern ganz reale Probleme von Nonprofits zu lösen. Zum Beispiel nutzen wir dieses Framework für die Verwaltung physischer und humanitärer Ressourcen mit der Erweiterung Resource Management. - River Lea
River Lea ist ein neues Theme-Framework, das bei CiviCRM 6 standardmäßig installiert ist. Mit nur 15-30kb CSS (statt mehrerer Megabytes!) bietet es eine kompakte Lösung, um das Aussehen von CiviCRM anzupassen: Entweder durch die Wahl eines der vier voreingestellen Subthemes (Streams) oder durch die Erstellung eines eigenen Streams mithilfe von CSS-Variablen. Das macht CiviCRMs Oberfläche hübscher, zugänglicher, dark-mode-iger und – vielleicht zum ersten mal – relativ einfach zu handhaben.
Warum CiviCRM nicht verschwindet
In einer Zeit, in der Datenschutz und digitale Souveränität immer wichtiger werden, ist CiviCRM die logische Antwort für gemeinnützige Organisationen. Denn so können sie die Daten ihrer Kontakte schützen, unabhängig von Konzern-Strategien bleiben und ihre Software transparent und kooperativ gestalten. Alice Aguilar und Jamie McClelland (Progressive Technology Project) brachten es auf den Punkt: "Now Everyone Hates Big Tech: Pitching CiviCRM just got a whole lot easier".
Dass CiviCRM diese Versprechen auch einlöst, zeigten bei der CiviCon langjährige Anwenderorganisationen mit ihren Erfahrungen. Gena Dellet stellte die Nutzung beim nationalen Schachverband der Vereinigten Staaten vor. Mit über 50 Mitgliedschaftstypen beweist CiviCRM, dass es auch mit den komplexesten Anwendungsfällen zurechtkommt. Nate Frank vom Senat des Bundesstaates New York zeigte eindrucksvoll, wie skalierbar das System ist. Seit 10 Jahren wird dort CiviCRM produktiv eingesetzt, um Millionen Bürger*innen Informationen und Partizipationsmöglichkeiten zu bieten.
Diese Erfolge sind kein Zufall. Sie basieren auf der kontinuierlichen Weiterentwicklung durch die Community. Beim Sprint wurden die Weichen für weitere Verbesserungen gelegt: Unter der Haube wurden Pull Requests bearbeitet, Fehler behoben und neue, wegweisende Features, wie ein Notification Framework konzipiert. Gleichzeitig ist uns das Feedback der Anwender*innen nicht entgangen. Bei all seinen mächtigen Funktionen und wachsender Komplexität, muss CiviCRM auch dringend benutzerfreundlicher und zugänglicher werden. Konkrete Ergebnisse dieser Bemühungen sind Entwicklungen für die Übersetzbarkeit von SearchKit, ein Aktionsplan für die Verbesserung der CiviCRM-Dokumentation und ein Prototyp für ein UX-freundliches Menüdesign.
Fazit
Nach 20 Jahren Entwicklung wird klar: CiviCRM entwickelt sich von einer guten Open-Source-Alternative zu der zukunftssichersten CRM-Lösung für gemeinnützige Organisationen.
Klingt das zu optimistisch? Vielleicht. Wenn ihr euch selbst ein Bild machen wollt von Technik, Community und alledem was ein Open-Source-Projekt ausmacht, dann sichert euch einen Platz für das nächste CiviCamp. Dazu müsst ihr auch nicht in die USA einreisen. Denn wir feiern das Jubiläum auch in Europa an einem ähnlich szenischen Ort: CiviCamp & CiviSprint am 20.-24. Oktober 2025 in Lunteren, Niederlande.